HOUSE UND TECHNO IN DEUTSCHLAND -

EIN INDEX DER INDEPENDENT-LABELS

Seit der Entstehung des House und Techno in Deutschland sind hunderte Independent-Labels gegründet worden. Einige gibt es noch immer, andere waren zeitgenössische Erscheinungen. Dieser Index listet diese Labels chronologisch seit der Entstehung des House und Techno in Deutschland auf.

Die House- und Technokultur ist schon seit geraumer Zeit nicht mehr als subkulturelles Randphänomen zu betrachten und erfuhr in den letzten Jahren zunehmend mediale Aufmerksamkeit. Diese Aufmerksamkeit gipfelte darin, dass im März 2024 die Kulturministerkonferenz der Bundesländer die Aufnahme der Berliner Technokultur als Teil des Immateriellen Kulturerbes in Deutschland beschloss. Die Begründung für die Aufnahme war, dass die Technokultur seit vielen Jahren für Werte wie Vielfalt, Respekt und Toleranz stehe. Was ursprünglich Ende der 1980er-Jahre als Subkultur aus den USA nach Deutschland kam, begeisterte über die Jahre Millionen von jungen Menschen und prägt die Musiklandschaft seit jeher.

Die Ausdifferenzierungen innerhalb der Szene der elektronischen Musik sind dabei weitaus größer als sie auf den ersten Blick erscheinen mögen. House- und Techno-Musik in den Charts, kommerzielle Großveranstaltungen und ein gleichzeitig hochfunktionaler, gut vernetzter Underground häufig ohne finanzielles Eigeninteresse und die daraus entstandenen Plattenläden und unabhängigen bzw. Independent-Labels, schließen sich innerhalb der House- und Techno-Kultur keineswegs aus. Dabei erzählen zahlreiche Bücher und Filme die Geschichte der elektronischen Tanzmusik in Deutschland und sind gefüllt mit Kommentaren und Anekdoten aus der Szene. Die Autor*innen skizzieren hier häufig Bilder der Aufbruchsstimmung und Euphorie, der Gemeinschaft und der Familie. Sie erzählen die Geschichten einer (Jugend-)Bewegung, die sich im Laufe der 90-Jahre von einer Subkultur zum festen Bestandteil postmoderner Alltagskultur entwickelte. 

Mittlerweile hat auch das erste Museum für elektronische Musik, das Museum Of Modern Electronic Music (MOMEM) in Frankfurt, eröffnet und befasst sich nicht allein mit der Geschichte der House- und Techno-Musik in Deutschland, sondern auch mit allem, was zu dieser Kultur dazugehört, wie der Club- und Ravekultur, der Ästhetik und der Identifikationsstiftung durch die Szene.

Dass DJs heute nicht mehr nur diejenigen sind, die in dunklen Clubs des Nachts die Plattenteller drehen, lassen auch zeitgenössische Plakate und Flyer erahnen. Diese scheinen, ohne die Namen der Headliner in Großbuchstaben offenbar nicht mehr auszukommen und auch Festivals gestalten ihre Werbung so, dass so viele der populären DJ-Namen wie möglich zu lesen sind. Dass sie von nebensächlichen Statist*innen zu strahlenden Protagonist*innen geworden sind, spiegelt sich auch in den Feuilletons wider, in welchen die Autor*innen, DJs als Superstars beschreiben, die ganze Fußballstadien füllen. So haben schließlich der Mainstream und die großen Major-Labels wesentliche Teile der Kultur für sich beansprucht und House und Techno in der Popkultur etabliert.

Doch etwas ist weiterhin nur für Insider und auch für diese unter Umständen nur bedingt sichtbar: die Independent-Labels der House- und Technokultur und die Menschen, die hinter diesen stehen. Sie sind schon immer wichtiger Bestandteil dieser Szene, bekommen aber kaum oder nur sehr wenig Aufmerksamkeit. Das ist vor allem auch darauf zurückzuführen, dass sie sich im Underground und abseits der medialen Präsenz entwickelt haben. Dennoch sind sie als wichtiger Bestandteil der Entstehung dieser Musik und der House- und Technokultur selbst zu nennen. 

Mit dem Aufkommen der elektronischen Tanzmusik in Deutschland wurden hunderte dieser unabhängigen Plattenlabels gegründet. Einige gab es nur für wenige Jahre, andere gibt es noch immer. Manche sind erfolgreich, andere sind professionalisierte Hobbys der Betreiber*innen, die nur wenige Releases jedes Jahr hervorbringen und sich dabei auf einen ganz bestimmten, oft nischigen Sound spezialisieren. So bieten Independent-Labels vielen Künstler*innen die Möglichkeit, ihre Musik fernab des Mainstreams und kommerziellen Leistungsdrucks der Major-Labels zu veröffentlichen:10 eine Einstellung, die maßgeblichen Einfluss auf die heutige Diversität innerhalb der elektronischen Musik hatte. Diese unabhängigen Plattenlabels haben damit die Musik und auch die House- und Technokultur viele Jahre aus dem Hintergrund geprägt, wurden aber nicht ausreichend dokumentiert.

Ziel dieses Projekts ist daher die ergänzende Dokumentation dieser unabhängigen Plattenlabels des House und Techno in Deutschland. Der Independent-Label Index ist ein stetig wachsendes Online-Archiv, der die Independent-Labels auflistet und in einer Datenbank bündelt. Eine solche Übersicht fehlt bisher und komplettiert nicht nur die Geschichte des House und Techno, sondern schafft Sichtbarkeit für diejenigen, die ihre wichtige Arbeit abseits der medialen Aufmerksamkeit verrichten. Der Fokus liegt dabei auf ihrer Bedeutung für die Entstehung der zahlreichen Musikgenres und damit auf ihrer Rolle als Wegbereiter*innen für die Vielfalt innerhalb der elektronischen Tanzmusik.

Liner Notes:

In Anlehnung an die sogenannten Liner Notes, die heute kaum noch verbreitet sind, werden Kommentare von Protagonist*innen der House- und Techno-Szene unter diesem Begriff auf den
Unterseiten der jeweiligen Labels zu finden sein.

Liner Notes waren auf früheren EPs und LPs oft ein Mix aus
Fakten wie Diskographien und Aufnahmeorten, Anekdoten und Geschichten, aber auch geistreichen Abhandlungen sympathisierender Musikjournalist*innen. Die O-Töne der Labelbetreiber*innen, DJs, Musiker*innen, Plattensammler*innen und Plattenladeninhaber*innen sind Teil der Dokumentation und
erwecken die Geschichte zum Leben.

Interviewpartner*innen:

Matthias Vogt

*** Weitere Interviews folgen in Kürze ***